Im Rahmen der Digitalveranstaltung „Kommunen und Landkreise als Förderer der Energiewende” diskutierten Lisa Strippchen (dena), Philipp Barthel (dena), Michael Kaminsky (Samtgemeinde Heeseberg) und Ulrich Ahlke (Kreis Steinfurt) mit über 80 Vertreterinnen und Vertretern aus Kommunen, Landkreisen, kommunalen Verbänden und Energiegenossenschaften über Chancen und Möglichkeiten für Kommunen und Landkreise als Förderer der Energiewende aufzutreten.
Philipp Barthel von der dena beleuchtete die Gründe für die aktive Mitgestaltung der Energiewende durch Kommunen. Neben planerischen Aspekten, wie der effizienten Mehrfachnutzung und Steuerung lokaler Flächen, spielen attraktivitätssteigernde Aspekte wie zum Beispiel die lokale Identifikation der Einwohnerinnen und Einwohner für aktiven Klimaschutz vor Ort, deren finanzielle Teilhabe sowie die gesteigerten Möglichkeiten für Ansiedlungen aus der Industrie eine große Rolle.
Er appellierte an die Teilnehmenden, dass Kommunen und Landkreise vielfältige Handlungsspielräume in den Bereichen Planung, Teilhabe und Kommunikation haben, um gestalterisch aktiv zu werden. Dabei empfiehlt er etwa bei der Planung von Solarenergie die gezielte Nutzung von Steuerungsinstrumenten, wie zum Beispiel individuelle Kriterienkataloge oder Standortkonzepte mit Potenzialflächenanalysen. Vielversprechend, wenn auch teilweise noch aufwendig in der Planung seien Mehrfachnutzungskonzepte (Stichwort Agri-PV) und die Kombination aus Windenergie- und Solaranlagen auf derselben Fläche. Die Teilhabe von Kommunen an Erneuerbare Energieprojekten könne über Wind- und Solarenergieanlagen in öffentlicher Trägerschaft gestärkt werden. Bei der Kommunikation gilt: „Tut Gutes und sprecht darüber.“ Eine enge Einbindung der Bürgerinnen und Bürger über die formellen Vorgaben der Öffentlichkeitsbeteiligung hinaus, sichert die Unterstützung vor Ort.
Lisa Strippchen von der dena erläuterte Energy Sharing als mögliches Instrument für die gemeinschaftliche Stromerzeugung und -verbrauch im räumlichen Zusammenhang, einschließlich der Nutzung des öffentlichen Stromnetzes. In der Praxis kann dies zum Beispiel eine Kindertagesstätte betreffen, die mit dem Strom einer kommunalen Photovoltaikanlage auf dem Dach einer Schule in der gleichen Gemeinde versorgt werden soll. In Deutschland gibt es hierfür derzeit keine eindeutige rechtliche Regelung. Energy Sharing ist dennoch bereits möglich, derzeit jedoch noch recht umständlich, da aus der Stromlieferung an Endkunden energiewirtschaftliche Pflichten und Aufgaben auf der Seite der Erzeuger resultieren. Mit der Nutzung des öffentlichen Netzes steigt die Komplexität zusätzlich, da viele weitere Marktakteure in die Abstimmungen eingebunden werden müssen. Eine EnWG-Novelle soll eine Teilbelieferung ermöglichen und formelle Lieferantenpflichten vereinfachen. Auch wenn sich der Kabinettsbeschluss dazu derzeit noch verzögert, handelt es sich bei Energy Sharing um ein Instrument, welches sich lohnt als Kommune näher im Blick zu behalten.
Ulrich Kaminsky aus dem Fachbereich Bauen, Planen und Umwelt der Samtgemeinde Heeseberg erläuterte, wie die Samtgemeinde den Ausbau Erneuerbarer Energien produktiv vorantreibt, indem diese in Verbindung mit der Wärmeplanung umgesetzt wird und so Synergien und Innovationen anregt. Durch eine gezielte Bauleitplanung schafft die Kommune Planungssicherheit und behält die Steuerungshoheit. Für die Samtgemeinde mit wenigen Gewerbe- und Steuereinnahmen bieten die Erneuerbaren Energien dabei eine attraktive Einnahmemöglichkeit. Eine professionell begleitete Öffentlichkeitskommunikation erhöht dabei die Akzeptanz in der Bevölkerung. Die Umsetzung wird von einem kleinen Kernteam in der Gemeindeverwaltung gesteuert, welchem auch durch einen direkten Draht in die Politik eine schnelle Umsetzung gelingt. Die geringen personellen Ressourcen sind mit Blick auf die gesetzlichen Pflichtaufgaben (z.B. Brandschutzanforderungen) eine Herausforderung. Herr Kaminsky empfiehlt anderen Kommunen eine vorausschauende Planung und die enge Vernetzung mit allen relevanten Stakeholdern.
Ulrich Ahlke, ehemaliger Leiter des Amtes für Klimaschutz und Nachhaltigkeit aus dem Kreis Steinfurt und Mitglied des Vereins WieWollenWirLeben e.V., stellte den etablierten Masterplan Bürgerwind des Landkreises vor. Durch eine Windpotenzialanalyse der verfügbaren Flächen unter Berücksichtigung der Interessen unterschiedlicher Stakeholder (z.B. Naturschutzverbände) in Verbindung mit der Festlegung von politischen Leitlinien, die den Ausbau der Windenergieanlagen steuern sollten, wurde eine hohe Akzeptanz unter den Beteiligten erzielt. Zusätzlich wurde, damals einzigartig in Deutschland, eine Servicestelle Windenergie gegründet, die einen Anlaufpunkt für Fragen und Sorgen der Beteiligten lieferte. Eine geringe Mindestbeteiligung ab 1.000€ führte dazu, dass viele Menschen in der Region sich an Bürgerenergiewindparks beteiligten.
Diskussionen der Teilnehmenden in Kleingruppen zu den Potenzialen und Umsetzungsmöglichkeiten von erneuerbaren Energieprojekten in der eigenen Kommune rundeten die Veranstaltung ab.
Die im Rahmen der Veranstaltung gezeigten Folien der Referenten finden Sie hier:
Weiterführende Materialien zur Information, die im Rahmen der Veranstaltung genannt wurden, finden Sie hier:
Weitere Informationen zum Thema Energy Sharing: